Vom Glück, das von lebenden und nicht lebenden Objekten ausgeht
Ich tue relativ häufig Dinge, von denen ich relativ genau weiß, dass ich sie besser lassen sollte. Weil sie entweder meiner Gesundheit, meinem Zeitkonto oder meiner finanziellen Situation nicht wirklich zuträglich sind. Warum ich es dann trotzdem tue? Weil es mir gut tut, mein persönliches Glücksbarometer nach oben treibt. Weil ich erkannt habe wie wichtig es für mein Umfeld und nicht zuletzt für mich ist, mein Glücks- und Zufriedenheitskonto oberhalb von Null zu halten. Das hilft sehr, wenn mich der tägliche Wahnsinn zwischen Job und Familie mal wieder fest im Griff hat.
Vor 7 Wochen habe ich etwas getan, was mein Glückbarometer in ungeahnte Höhen katapultiert hat. Ich habe mir eine neue Nähmaschine gekauft. Ach was sag ich: Nähmaschine ist ein viel zu banales Wort! Den Ferrari unter den Nähmaschinen! Ein Wahnsinnsteil! Ob ich dringend eine Neue gebraucht habe? Eigentlich nicht, ich hatte auch vorher eine wirklich gute Maschine. Ob das finanziell eine sinnvolle Investition war? Auf gar keinen Fall! Schließlich ist das nur mein Hobby, ich lebe nicht davon und habe das auch nicht vor. Wirtschaftlicher Unfug also.
Nur das da kein falscher Eindruck entsteht: Bei uns zu Hause liegen leider nicht in jeder Ecke große Stapel Geld und uns gehen auch nicht die Ideen aus, was man damit so anstellen könnte. Wie in jedem Haushalt kann jeder vorhandene Euro nur einmal ausgeben werden. Im Frühjahr haben wir spontan entschieden auf einen eigentlich geplanten Sommerurlaub zu verzichten. Mit einem Säugling sind Flugreisen vielleicht doch nicht soooo toll dämmerte es uns. Mein Mann hat mir über den Sommer immer wieder über die Schulter geschaut wie ich durch Blogs und Foren gesurft bin und von Bernina-Nähmaschinen geschwärmt habe. Irgendwann meinte er: „Sag mal, willst Du Dir so ein Ding nicht endlich mal kaufen? Wenn wir schon nicht in Urlaub fahren…“ Ich muss leicht irritiert aus der Wäsche gekuckt haben. “ Bist Du des Wahnsinns? Das ist was für Nähprofis und viel zu teuer. Wir investieren die gesparte Kohle in ein Carport. Dann müssen wir im Winter nicht mehr Scheiben kratzen.“ Daraufhin hat mein Mann mir zwei Tage lang erklärt warum so ein Carport in unseren Vorgarten nicht gut aussehen würde, Eiskratzen am Morgen erst so richtig munter macht und das er sowieso null Zeit hat sich da jetzt auch noch drum zu kümmern. „Kauf Dir diese Maschine. Die macht Dich glücklich und das jeden Tag wenn Du nähst. So viel Freude werden wir an einem Carport niemals haben, glaub mir.“ Ich muss in einem vorangegangenen Leben viel richtig gemacht haben um in diesem Leben einem solchen Mann zu verdienen.
Und dann habe ich bestellt und die andere Maschine verkauft. Nicht ohne mich vorher im Fachhandel vor Ort und diversen Händlern umzuschauen wo ich a.) noch Rabatt bekomme und b) eine gute Einweisung. Der Händler vor Ort war in Punkt a) und b) eher zurückhaltend deshalb ist meine Wahl auf den Nähpark Diermeier in Cham, also mitten in Bayern, gefallen. Ein paar Kilometer vom Ruhrgebiet entfernt aber der gewährte Rabatt machte die Anreise für eine Schulung mehr als wett.
Und jetzt muss ich wirklich mal eine Lanze brechen für den Online-Handel. Das was ich seit meiner Bestellung vor 7 Wochen dort an Service erlebt habe toppt alles, was ich als leidgeplagter Kunde des deutschen Einzelhandels je erlebt habe. Unzählige spontane Fragen wurden umgehend, oft mit Hilfe von Fotos, per Email oder am Telefon ausführlich beantwortet. Ich sollte erst mal ein bisschen probieren und mit meinem Fragenzettel dann zu einer Schulung nach Cham kommen. Ich schlug vor gegen Nachmittag anzureisen und mich dann rund 2 Stunden neben eine Dame vom Fach zu setzen um mir alles Wichtige erklären zu lassen. „Kommen Sie wenn möglich gegen 12:00 Uhr, nehmen sie sich ein Zimmer hier im Ort und lassen Sie auch am kommenden Tag bis rund 14:00 Uhr weitermachen“ riet mir Frau Neuhierl. Hallo? Arbeitet diese Wundermaschine auf SAP-Basis oder warum ist hier eine 10 Stunden-Schulung angebracht? Aber mir sollte es recht sein und so machte ich mich am Dienstag auf nach Cham.
Ich hatte riesig Spaß beim Nähpark. Mein Kopf muss geraucht haben als ich rundum beseelt abends in meiner Pension eingecheckt habe. Ich bin völlig baff was so eine Nähmaschine alles kann und werde sie zukünftig noch ganz anders nutzen als bisher. An diese Maschine kann man ernsthaft einen Edding anbringen und damit malen! Ist das zu fassen??? Das ist ohne Zweifel eine mindestens für mich völlig unnütze Funktion, das ist mir schon klar. Ich werde einen Teufel tun und mir ein solches Kit für 143 Euro kaufen. Wenn ich malen will (was ich im Übrigen sowieso nicht kann) investiere ich 0,5 ct für ein Blatt Papier und lasse bei IKEA einen Bleistift mitgehen. Aber das die Maschine es könnte beindruckt mich schon, das muss ich sagen.
Zu guter Letzt hat Frau Neuhierl mir auch noch meine Janome Cover Pro ausführlich erklärt, die ich mal günstig im Internet geschossen habe. Dabei hatte ich nach 10 gemeinsamen Stunden und 5 Kaffees nur mal ganz kurz eine Frage stellen wollen und sofort entschuldigend hinzugefügt, dass ich die Maschine gar nicht bei Diermeier gekauft habe. Ich hatte zu dieser Maschine nie eine Schulung. Was das Handbuch nicht hergibt kann ich also nicht. Jetzt bin ich auch hier ein ganzes Stück weiter. Die gute Frau Neuhierl ist echt ein Schatz, ein sehr Kompetenter noch dazu. Ich habe meine Chance gleich am Schopf ergriffen und ihr eine Wohngelegenheit in unserem Haus auf unbegrenzte Zeit angeboten. Warum Sie das so entschlossen abgelehnt hat ist mir allerdings ein Rätsel. Ich habe sehr freundlich gefragt, ehrlich!
Zusammenfassend sei gesagt:
1.) Für jeden, der über den Kauf einer neuem Maschine in ausdrücklich jeder Preisklasse nachdenkt, kann ich den Nähpark Diermeier aller wärmstens empfehlen. Der Service ist herausragend, die Maschinenauswahl riesig und die Preise top.
2.) Ich kann jedem nur empfehlen eine Maschineneinweisung mitzumachen. Das bringt unglaublich viel. Selbst eine so lange Anreise lohnt. Bei manchen Händlern ist das kostenpflichtig. Selbst das wäre in meinen Augen eine gute Investition.
3.) Der riesige Vorteil eines großen Händlers, der das komplette Zubehör zur Maschine vorrätig hat ist, dass man in aller Ruhe x-Nähfüsse erklärt bekommt, eine ehrliche Aussage inklusive mit was man im Alltag je nach Nähvorlieben tatsächlich was anfangen kann und was nur Spielerei ist. Da hier die Maschinen sehr oft Kunden erklärt werden kennen die sich wirklich mit jedem Kniff an jeder Maschine aus.
4.) Wer zu Diermeier fährt findet dort auch eine riesige Auswahl an Garnen und Zubehör aller Art. Einige Dinge werden extra aus den USA importiert weil es so was im deutschen Handel gar nicht gibt. Ich hab da ein paar tolle Sachen gefunden wie z.B.
Clover-Wonder-Clips in allen verfügbaren Größen! Ich habe mir vor 3 Monaten welche bestellt und muss sagen: Für mich, die sich ständig und immer in mit Nadeln in die Finger pickst und panische Angst davor hat mal mit einer vergessenen Nadel in das Messer der Overlock zu geraten sind sie eine Offenbarung und jeden Tag im Einsatz. Taschen zusammenbauen, mit Wachstuch nähen – wie habe ich das eigentlich vorher gemacht? Jetzt habe ich mir die Großen für das Binding von Quilts mitgenommen. Ich bin mir sicher das auch die nicht ungenutzt im Regal verstauben werden. Wer die Clips mal testen will: 10 Stück kosten 5,20 Euro, 50 Stück dann 24,30 Euro.
Spulen, auf die man mit der Nähmaschine Overlockgarn umspulen kann. Damit braucht man nur noch eine 5000m-Spule von jeder Farbe die nicht so häufig genutzt wird und kann dann umspulen. Für mein Wundergerät gibt es allerdings keine passende Größe. Was soll’s, man kann ja im Leben scheinbar doch nicht alles haben. Wobei ich das schon echt praktisch gefunden hätte.
Das komplette Stickfarbensortiment von Brildor. Und von Madeira. Und von Mettler. Farbrausch pur.
So, jetzt werde ich mich noch ein paar Minuten an diese unglaublich tolle Nähmaschine setzen, Neuerlerntes ausprobieren und darauf hoffen, dass die Kinder heute Nacht gut schlafen. Sonst kippe ich morgen aus den Latschen.
Viele Grüße
Barbara
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Glückwunsch zu Deiner Traumnähmaschine. Ich erkannte mich in Deinen Zeilen auch wieder. Es macht einfach Spaß sich etwas zu gönnen, aber Dein Mann ist ja samt der Nähmaschine ein Traummann, wenn er Dir so gut zuredet und Dich geradezu nötigt, die Nähmaschine auch zu kaufen.
Bin schon gespannt, was Du in nächster Zeit für schöne Dinge damit zaubern wirst.
LG Betty
Hallo Betty, danke! Willkommen in meiner kleinen Paralellwelt!
Einen tollen Mann hast du! ♥
Oh, das hab ich. aus so vielen Gründen 😉 Liebe Grüsse!
Waaah, ich bin neidisch! Ich liebe Bernina-Maschinen und liebäugel auch schon lange mit der 580er. Wenn sie nur nicht so teuer wäre.
Ich habe hier ja auch zwei Berninas rumstehen und nähe wirklich sehr gerne darauf.
Das mit dem Nähpark finde ich sehr gut und aufschlussreich erzählt. Das ist wirklich ein Laden, wo ich mal hin muss.
Ich wünsch Dir ganz viel Spaß mit Deiner neuen Maschine.
Vielen Dank für Deinen Bericht.
lg
Rosi
Glückwunsch zur Maschine. Ich habe meine B780 seit fast einem Jahr und bin immer noch sehr zufrieden und würde sie mir immer immer immer wieder kaufen.
Zum Glück habe ich einen super Händler vor Ort 🙂
Hallo Cordula, dann kannst Du mein Glück ja nachempfinden! Ich schau gleich mal bei Dir vorbei, bin neugierig was Du damit zauberst. viele Grüsse!
Hallo Barbara, vielen Dank für deinen tollen Bericht. Du schreibst so herzerfrischend. Mein Mann – sicher genauso genial wie der deinige – hat sofort Parrallelen gesehen. Aber unsere Männer wissen, sind wir Frauen glücklich, werden sie es auch sein. Du hast völlig recht, eine ordentliche Beratung vom Fachmann ist durch Nichts zu ersetzen. Ich wünsche dir weiterhin viel Freude mit deinen Prachtstücken (Mann, Maschine und sicher auch den Kindern). Von deinen Nähkünsten bin ich schon mal beeindruckt. Ich selbst nähe erst wieder seit einem halben Jahr, dafür aber um so intensiver. Bin total verliebt in Patchwork. LG Britt
Ich pflichte bei mit allem was ich habe…. Obwohl ich immer noch nicht in Cham war… Aber ein echter Neuhierl- Fan bin….;)
Schön, dass wir uns vorgestern kennengelernt haben, wenn auch der Kaffee nicht geklappt hat.
Liebe Grüsse und vielleicht wird es ja doch noch was mit dem Nähwochenende
Frau elbmarie
Liebe Barbara,
herzlichen Dank für deinen Nähmaschinen-Empfehlungsbeitrag inklusive Nähpark Diermeier und Frau Neuhierl!
Da auch ich schon länger auf der Suche nach einer neuen Nähmaschine bin, gab mir dein Blog den letzten Schubs, es endlich anzugehen.
Ich wohne in Mecklenburg-Vorpommern und somit gute 600km vom Nähpark Diermeier, aber wie es der Zufall manchmal so will, las ich deinen Beitrag kurz bevor wir zum Geburtstag meines Onkels nach Regensburg fahren wollten. Und von Regensburg nach Cham ist es nur ein mittelgroßer Katzensprung 🙂
Es bleibt mir nichts anderes übrig, als mich deiner Meinung anzuschließen: dieser Laden ist der Hit!
Alle drei Damen, die mich bedienten waren herzlich freundlich, geduldig und kompetent. Ich fühlte mich zu nichts gedrängt, sondern einfach umfassend informiert. Für mich steht fest, meine nächste Maschine kaufe ich bei Frau Neuhierl.
Bevor ich mich allerdings entscheide, hätte ich dich gerne gefragt, wie du mit deiner B780 mittlerweile zurechtkommst. Gab es Probleme oder Dinge, die du dir anders wünschst?
Seit gestern Abend bin ich etwas verunsichert, weil ich in einem Nähforum erschreckende Erfahrungsberichte zu dieser Maschine gelesen habe, Fadensalate; Spulen, die nicht mehr erkannt werden; Softwarefehler und Udateprobleme; eine Ehepaar tauschte seine B780er mehrfach um (sie hatten sich jeweils eine eigene gekauft), weil sie nicht funktionierten und endeten schließlich bei der B830, von denen auch nur eine auf Anhieb richtig funktionierte…
Diese Berichte stammen aus dem letzten Jahr. Meine Hoffnung ist groß, dass sich diese Kinderkrankheiten nun ausgewachsen haben.
Hättest Du Lust und Zeit, mir kurz deinen jetzigen Stand zu schildern? Darüber würde ich mich sehr freuen.
Herzliche Grüße
heulerchen
Hallo!
ich habe meine B780 jetzt seit ziemlich genau einem Jahr, sie hat glaube ich 1,5 Millionen Stiche auf dem Buckel. Ich hatte bisher ein einziges Problem mit ihr. Ich habe es für einen totalen Error gehalten, der Bernina-Händler vor Ort wollte die Maschine nach telefonischer Schilderung der Fehlermeldung in die Schweiz ins Werk einschicken und Frau Neuhierl hat mit mir gemeinsam den Fehler dann am Telefon behoben (die Frau ist einfach unglaublich). Der Einfädler hatte sich verhackt (das war nicht erkennbar, sie hat das als mögliche Fehlerquelle ins Spiel gebracht) und ein herzhaftes nach oben Flitschen lassen des Einfädlers und der Spuck war vorbei. Wenn Du Dich für die Maschine entscheidest (ich kenne noch 8 weitere Besitzerinnen und habe da noch nie von massiven Problemen gehört) würde ich das Sonderpaket der D-Füsse mit kaufen. Der zuschaltbare Obertransporteuer ist grandios, ich nutze ihn ständig. Außerdem gibt es eine neue Stichplatte, die ich mir noch gerne kaufen möchte. Mit der allgemeinen Stichplatte ist es manchmal schwierig dünnen Stoff von der Ecke an zu nähen. Die Maschine frisst dann gerne den Stoff. Das einzige Alltagsproblem, dass ich mit ihr habe. Dafür gibt es jetzt eine neue Stichplatte die das verhindert. Momentan helfe ich mir indem ich für ganz fisseliges Zeug die Stichplatte des Stickmoduls verwende. Klappt auch aber ich hätte gern eine, die ich für diese Fälle nicht auswechseln muss. Ganz generell kann ich Dir die Maschine ohne Einschränkung für alle Anwendungsbereiche empfehlen. Viele Grüße Barbara
Was für ein toller Bericht. Diese Maschine ist schon ein Traum (ich habe die 350 PE) und was du von diesem Laden erzählst, steckt alles andere in die Tasche.
PS: mein Mann ist genauso verrückt wie deiner ?
Viele Grüße, Katja
Dein Beitrag ist zwar schon etwas älter, aber ich saß grinsend davor! So schön! Das ist doch mal eine Geschichte aus dem Leben mit einem Happy End vom Allerfeinsten!!
Und endlich mal ein Mann, der WIRKLICH weiß, was Frauen wollen!
LG von Kirstin, die sich auch gerade eine eigentlich viel zu große und teure Maschine ausgesucht hat und nun dringend mal beim Nähpark anrufen sollte :-).